Polyneuropathie

Typischer Krankheitsverlauf

Eine Polyneuropathie ist eine Erkrankung der Nerven, die sich mit Missempfindungen, „Kribbeln“, Wahrnehmungsstörungen der Temperatur und Schmerzen bemerkbar macht. Die Ursachen einer Polyneuropathie sind vielzählig: Erbkrankheiten, Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus, Gifte wie Alkohol und Medikamente, Entzündungen, virale und bakterielle Infektionen sowie Krebserkrankungen können Auslöser sein.
Die häufigsten Auslöser einer Polyneuropathie sind Diabetes mellitus („Zuckerkrankheit“) und Alkohol-Missbrauch. In beiden Fällen entwickelt sich die Polyneuropathie schleichend und beginnt zumeist an den Füßen. Von dort breitet sie sich strumpfförmig aufsteigend aus. Zunächst treten vor allem Missempfindungen oder fehlende Empfindungen (Kälte, Hitze, Schmerz) auf. An den Händen schreitet eine Polyneuropathie handschuhförmig voran. Im Verlauf können die Reflexe (zum Beispiel der Achillessehnen-Reflex) schwächer werden und gänzlich erlöschen. Erst spät treten üblicherweise Lähmungen, Muskelschwäche und Muskelschwund auf. Sind im weiteren Verlauf auch innere Organe betroffen, können sich Störungen der Blasenentleerung, Darmträgheit, Erektionsschwäche und mangelnde Variabilität des Herzschlags einstellen. Insbesondere bei körperlicher Anstrengung oder Aufregung schlägt das Herz dann zu langsam, was die Belastbarkeit deutlich einschränken kann.
Seltene Krankheitsverläufe

Eine sehr schnell verlaufende Form der Polyneuropathie ist das Guillain-Barré-Syndrom, das nach einem Magen-Darm- oder Atemwegsinfekt auftreten kann. Innerhalb von zwei bis vier Wochen steigt die Polyneuropathie von den Füßen auf und verursacht Missempfindungen und Lähmungen. Kritisch ist der mögliche Befall von Nerven, die für das Herz notwendig sind. Um bei einem Herzstillstand rechtzeitig eingreifen zu können, ist die engmaschige Überwachung solcher Patienten im Krankenhaus zwingend erforderlich! In 70 % der Fälle entwickeln sich die Beschwerden langsam über Monate wieder zurück. 5 % enden tödlich. Ähnlich dem Guillain-Barré-Syndrom ist die chronisch-inflammatorische Polyradikuloneuropathie (CIDP), eine Autoimmunerkrankung. Bei dieser verläuft die Polyneuropathie etwas langsamer und schreitet mindestens über acht Wochen voran. Mit Kortison oder Immunglobulinen in die Venen kann die CIDP behandelt werden.

Krankheitsverlauf bei Befall der Beine

Betroffene bemerken bei einer Polyneuropathie der Beine oft zunächst, dass sie die Temperatur des Badewassers mit dem Fuß nicht mehr einschätzen können. Darauffolgend beklagen viele „kalte Füße“ und Taubheitsgefühle. Sehr unangenehm und schmerzhaft ist das „Burning-Feet-Syndrom“. Im weiteren Verlauf werden die Reflexe und die Muskeln schwächer. Zuerst sind oft die Fuß- und Zehenheber sowie die Fußsenker von der Schwäche befallen. Daraus kann sich eine Gangstörung entwickeln, die durch den Verlust des Lageempfindens weiter verstärkt wird. Schließlich ist auch das Stehen erschwert und Betroffene leiden an Schwindel. Des Weiteren nimmt im Verlauf die Schweiß-Produktion ab. Die kleinen Härchen, die sich auf dem Fußrücken befinden, verschwinden. Schließlich kann sich die Haut weißlich, bläulich oder dunkel verfärben. Lässt das Schmerzempfinden nach, können an den Füßen schlecht heilende Druckgeschwüre (Ulzera) auftreten.

Burning-Feet-Syndrom und neuropathische Schmerzen

Das Burning-Feet-Syndrom beginnt typischerweise mit Missempfindungen, die von Betroffenen als „Kribbeln“ oder „Ameisenlaufen“ beschrieben werden. Schließlich treten brennende Schmerzen in den Füßen auf, die nachts meistens stärker ausgeprägt sind als tagsüber. Gegen das Brennen können Antikonvulsiva (Anti-Krampf-Mittel) und Antidepressiva eingesetzt werden. Dazu gehören beispielsweise Gabapentin, Pregabalin, Amitriptylin, Nortriptylin und Venlafaxin. Wenn die Schmerzen auch nach einer Anwendung der Medikamente von zwei bis vier Wochen noch unerträglich sind, können Opioide wie Tramadol oder Oxycodon eingesetzt werden.

Prognose und Beeinflussung des Krankheitsverlaufs

Der Krankheitsverlauf einer Polyneuropathie lässt sich in den meisten Fällen beeinflussen. Grundsätzlich gilt: Je früher eine Therapie eingeleitet wird, desto besser fällt die Prognose aus. Essentiell ist die Behandlung der Ursache! Zusätzlich sind eine angemessene Schmerztherapie und ggf. Wundbehandlung angezeigt.

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