
Welche möglichen Ursachen gibt es für eine Polyneuropathie?
Es gibt viele mögliche Auslöser einer Polyneuropathie. Eine der häufigsten Ursachen ist Diabetes mellitus. Warum die Zuckerstoffwechselstörung die Nerven angreift, ist noch nicht vollständig erforscht. Experten vermuten, dass der ständig erhöhte Blutzucker die winzigen Blutgefäße schädigt, die normalerweise die Nerven versorgen.
Eine weitere Ursache für eine Polyneuropathie ist starker Alkoholkonsum, denn Alkohol wirkt giftig auf die Nervenbahnen. Außerdem geht Alkoholmissbrauch häufig mit einem Mangel an den Vitaminen B1 und B6 einher. Das Fehlen dieser Vitamine wird ebenfalls von Experten als mögliche Ursache von Nervenschäden betrachtet.
Daneben können verschiedene Medikamente, beispielsweise viele Chemotherapeutika, Nervenschäden verursachen. Die Substanzen, die Krebszellen zerstören, können auch andere Zellen schädigen. Eine Infektion oder Autoimmunkrankheit kann ebenfalls für das Leiden verantwortlich sein.
Mittlerweile sind hunderte Ursachen für das Auftreten einer Polyneuropathie entdeckt worden. Nicht selten kann gar keine Ursache gefunden werden – Mediziner sprechen dann von idiopathischer Polyneuropathie. Ärzte können dann nur die Symptome behandeln. Unabhängig von der Ursache gilt: Je früher eine Polyneuropathie erkannt und behandelt wird, umso besser.
Mögliche Ursachen einer Polyneuropathie:

Das Nervensystem - ein Leitungsnetz
Unser Nervensystem bildet eine Art Leitungsnetz. Die Nervenbahnen sind wie Kabel, die man im Haus verlegt. Manchmal wird das Nervensystem auch mit einem Baum verglichen, der sich immer weiter verästelt. Die Nervenfasern durchziehen von Kopf bis Fuß den gesamten Körper.
Über diese Datenleitungen stellt das Gehirn ständig Kontakt zu den Muskeln, der Haut und allen inneren Organen her. Aufgabe der Nerven ist es, Informationen zwischen dem Gehirn und den anderen Teilen des Körpers auszutauschen. So sorgen die Nerven dafür, dass wir eine bestimmte Empfindung haben, wenn wir zum Beispiel die Hand in kaltes Wasser halten. Sie leiten Bewegungsimpulse an unsere Muskeln weiter und bewirken, dass wir bei Erkrankungen oft Schmerzen empfinden.
Damit Kopf und Körper richtig miteinander kommunizieren gibt es das Rückenmark als „Schaltzentrale“. Im Rückenmark treffen „ankommende Nervenbahnen“ und „wegführende Nervenbahnen“ zusammen. Sind Nerven geschädigt, können Informationen oder Befehle nur noch langsam, unvollständig oder gar nicht mehr weitergegeben. In Deutschland leiden etwa fünf Millionen Menschen an einer Polyneuropathie.
Bei Polyneuropathie sind die peripheren Nerven erkrankt
Das menschliche Nervensystem wird in ein zentrales Nervensystem (ZNS) und in ein peripheres Nervensystem (PNS) unterteilt. Das Gehirn und Rückenmark bilden das ZNS. Zum peripheren Nervensystem gehören alle Nervenstrukturen, die in der Peripherie, also „am Rande“ liegen. Auch die langen Nervenbahnen in Beinen und Armen zählen dazu. Bei Polyneuropathie sind die peripheren Nerven erkrankt – daher fühlen sich zum Beispiel die Zehen taub an oder die Beine kribbeln.
Mögliche schmerzhafte Symptome
- Kribbeln (Parästhesien)
- Ameisenlaufen
- brennende Schmerzen
- krampfartige Schmerzen
- einschießende Schmerzen
- stechende Schmerzen
- Berührungsschmerz
- Dumpfes Ziehen
- Brennendes Hitzegefühl (Burning Feet)
- Empfindung wie Stromschläge
- Quälender Juckreiz
Mögliche nicht schmerzhafte Symptome
- Gangunsicherheit
- Missempfindungen
- Gestörtes Temperaturempfinden
- Überempfindlichkeit bei Berührung
- Sensibilitätsausfälle
- Taubheitsgefühle
- Schlafstörungen
- Pelzigkeitsgefühl
- Engegefühl
- Druckgefühl
- Einschnürungsgefühl
- Manschettengefühl
- Fremdkörpergefühle (Fußsohlen)
- Klumpengefühl
- Missempfindungen
Die Beschwerden variieren in ihrer Intensität von Mensch zu Mensch. Sie können immer gleichbleibend sein, aber im Tagesverlauf auch schwanken. Hier erfahren Sie weitere Informationen zu den Symptomen einer Polyneuropathie. Eine Polyneuropathie kann sich unterschiedlich schnell entwickeln. Oft beginnt die Erkrankung schleichend und verläuft ohne Behandlung chronisch fortschreitend. Von den ersten Symptomen bis zur vollen Ausprägung der Neuropathie können Wochen, Monate oder sogar Jahrzehnte vergehen. So bricht eine akute periphere Polyneuropathie auf Grund des Guillain-Barré-Syndroms in der Regel schnell aus. Eine chronisch inflammatorisch demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP) kann sich über Monate entwickeln. Viele Jahrzehnte können dagegen bis zum Ausbruch einer chronisch progredienten distal beginnenden sensomotorischen PNP vergehen.
Diabetische Polyneuropathie - Die häufigste Form
Die häufigste Nervenschädigung ist die Diabetische Polyneuropathie. Diese entwickelt sich bei rund der Hälfte aller Diabetiker. Es gibt verschiedene Arten der Nervenschädigung: Die periphere Neuropathie betrifft vor allem die Nerven in den Füßen und Beinen. Sie äußert sich in Missempfindungen wie Ameisenkribbeln, taubem Gefühl, Brennen und einer verringerten Schmerzwahrnehmung. Bei der autonomen Neuropathie ist das vegetative Nervensystem geschädigt. Die inneren Organe sind hier betroffen. Mögliche Beschwerden sind Verdauungsprobleme wie Durchfall und Verstopfung, Blasenentleerungsstörungen und Potenzprobleme können ebenfalls auftreten. Auch der Herzmuskel kann betroffen sein und Herzschmerzen verursachen. Eine Folge kann sein, dass die Lebensqualität der Betroffenen auf Grund der Beschwerden erheblich sinkt, oft sind Depressionen die Folge. Der Diabetes mellitus gilt als weltweit größtes Gesundheitsproblem des 21. Jahrhunderts. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO soll sich die Anzahl der Betroffenen bis 2030 auf insgesamt 366 Millionen Menschen verdoppeln. Die Früherkennung durch den Arzt und die Therapie der Krankheit sind daher unerlässlich. Sprechen Sie also unbedingt Ihren Arzt an, wenn Sie bei sich die hier beschriebenen Symptome feststellen.
(Keine) Angst vor Amputationen
Die meisten Patienten mit Diabetes fürchten den so genannten „diabetischen Fuß“. Zu Recht, denn Amputationen — auch solche einzelner Zehen — können die Folge sein. Hauptursache für das Fußsyndrom sind neuropathische Schäden. Wenn das Gefühl in den Füßen verloren geht, können sich kleine Verletzungen durch Steinchen im Schuh, zu enges Schuhwerk oder schlechtsitzende Strümpfe unbemerkt zu Geschwüren entwickeln.
„Etwa 300000 Menschen erkranken in Deutschland jährlich an einem diabetischen Fußsyndrom, mehr als die Hälfte müssen sich innerhalb von vier Jahren einer Amputation unterziehen. Amputationen können vielfach verhindert werden, wenn typische Fehler bei der Diagnostik und Behandlung vermieden würden“, meint Professor Ralf Lobmann, Endokrinologie am Klinikum Stuttgart-Bürgerhospital
Quelle: MMW — Fortschr. Med. 2013; 155; 63