Polyneuropathie nach Chemotherapie

Was können Sie tun?

Polyneuropathie bezeichnet Erkrankungen, bei denen mehrere Nerven außerhalb des zentralen Nervensystems (das sind Gehirn und Rückenmark) geschädigt sind. Diese Schädigungen können verschiedene Ursachen haben und unter anderem nach einer Chemotherapie auftreten.

Wodurch macht sich eine Polyneuropathie bei Krebspatienten bemerkbar?

Je nachdem, welche Nerven von der Schädigung betroffen sind, äußert sich die Neuropathie auf unterschiedliche Weise. Die Missempfindungen können das Tastempfinden betreffen, bei der Temperaturwahrnehmung auftreten oder die Reiz- und Schmerzweiterleitung beeinträchtigen. Die Folge: Patienten nehmen Berührungen, Druck, Temperatur oder auch Schmerzen nur noch schwach oder aber überhaupt nicht mehr wahr. Manche Patienten spüren ein anhaltendes Kribbeln in Händen und Füßen oder empfinden in ihnen ein Taubheitsgefühl, sodass ihnen das Greifen oder Gehen sehr schwerfällt. Bei anderen Patienten, bei denen die Hirnnerven betroffen sind, kommt es zu Störungen des Hör- und Sehvermögens oder des Gleichgewichts.

 

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Die Behandlung einer Polyneuropathie nach einer Chemotherapie ist schwierig. Denn im Gegensatz zu anders verursachten Neuropathien kann hier der Auslöser der Beschwerden (Chemotherapie) nicht beseitigt werden, weil sie für die Behandlung einer ernsten Erkrankung notwendig ist. Ob eine und welche Behandlung der neuropathischen Probleme möglich und erfolgreich ist, hängt vom Einzelfall ab.

Arzneimittel

Es gibt verschiedene Arzneimittelgruppen, die sich als wirksam bei chemotherapie-bedingter Polyneuropathie herausgestellt haben. Hierzu gehören vor allem:

  • Antidepressiva
  • Antikonvulsiva
  • Opioide

Antidepressiva: Studien belegen, dass manche Mittel, die zur Behandlung von Depressionen eingesetzt werden, auch neuropathische Schmerzen lindern können. Dies gilt laut einer aktuellen Leitlinie insbesondere für die Wirkstoffe Duloxetin, Venlafaxin und Amitriptylin, die jedoch mit verschiedenen Nebenwirkungen einhergehen. Ob die Krankenkassen die Kosten für eine Behandlung von Krebspatienten mit Nervenschmerzen mit diesen Arzneimitteln übernehmen, ist im Vorfeld abzuklären.

Antikonvulsiva: Einige Arzneimittel, die ursprünglich zur Behandlung von Krampfanfällen entwickelt wurden, können ebenfalls bei Nervenschäden eingesetzt werden. Zwar sind die Belege für deren Wirksamkeit bei neuropathischen Beschwerden nach einer Chemotherapie nicht eindeutig. Doch bei Neuropathien mit anderen Ursachen zeigten sie gute Behandlungserfolge. Es können jedoch Nebenwirkungen auftreten.

Opioide: Auch Opioide unterschiedlicher Stärke können zur Behandlung Chemotherapie-bedingter Nervenschmerzen eingesetzt werden. Die Studienlage hierzu ist zwar ebenfalls dünn, jedoch vielversprechend. Allerdings sind Behandlungen mit Opioiden mit starken Nebenwirkungen verbunden.

Achtung: Im Handel werden teilweise auch Vitamine und andere Nahrungsergänzungsmittel zur Behandlung von Neuropathie beworben. Es gibt bislang jedoch keine wissenschaftlichen Anhaltspunkte dafür, dass diese Mittel einen positiven Effekt auf die Folgen geschädigter peripherer Nerven haben. Sprechen Sie vor der Einnahme unbedingt mit ihrem behandelnden Arzt, um zu verhindern, dass solche Mittel unerwünschte Wechselwirkungen mit ihren verordneten Medikamenten hervorrufen.

Bewegungstraining

Neben der medikamentösen Therapie scheinen auch andere Behandlungsformen neuropathische Probleme lindern und somit die Einschränkungen der Patienten im Alltag verringern zu können. Hierzu gehören unter anderem Bewegungsübungen in Form von sensomotorischem Training oder Vibrationstraining. Spezielle Übungen auf einem instabilen Untergrund oder bei Vibration trainieren das Gleichgewicht und die Koordination und führen dazu, dass Sie länger beweglich bleiben. Ebenfalls hilfreich scheinen Übungen zum Erhalt und der Verbesserung der Feinmotorik zu sein.

Physiotherapie, Ergotherapie und Elektrotherapie

Bei einigen Patienten führen physiotherapeutische oder ergotherapeutische, manchmal auch elektrotherapeutische Maßnahmen zu Verbesserungen in Gleichgewicht, Beweglichkeit und manueller Geschicklichkeit. Diese Maßnahmen helfen ihnen dabei, die Herausforderungen des Alltags besser zu bewältigen. Eine breite Untersuchung der Wirksamkeit dieser Verfahren bei Chemotherapie-bedingten Nervenschäden steht allerdings noch aus. Es gibt jedoch bereits vielversprechende Erfahrungsberichte und Untersuchungen mit Patienten, deren Neuropathie andere Ursachen hat.

Ob darüber hinaus noch weitere Behandlungsmethoden wie zum Beispiel Akupunktur ebenfalls gegen neuropathische Schmerzen helfen, ist bislang noch nicht wissenschaftlich belegt. Für eine sichere Aussage hierzu bedarf es weiterer Forschung.

Was Sie sonst noch tun können

Wenn sich die Einschränkungen durch die Polyneuropathie nicht oder nur langsam beheben lassen, sollten Sie sich in Ihrem Alltag besonders schützen. Versuchen Sie vor allem Hitze- und Kältereize an Händen und Füßen zu vermeiden. Beugen Sie Verletzungen und Infektionen vor, indem Sie Ihre Hände und Füße bei „riskanten“ Tätigkeiten wie Nagelschneiden oder längeren Wanderungen (zum Beispiel durch Handschuhe oder geeignetes Schuhwerk) schützen. Machen Sie Ihre Wohnung möglichst sturzsicher und vermeiden Sie ungünstige Sitz- und Liegepositionen. Sprechen Sie hierüber mit Ihrem Arzt und lassen Sie sich zu weiteren Maßnahmen beraten.

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