Fußpflege bei Polyneuropathie

Warum die professionelle Fußpflege so wichtig ist

Polyneuropathie ist, frei übersetzt, eine „viele (poly-) Nerven betreffende (-neuro-) Krankheit (-pathie)“. Es ist sozusagen der Oberbegriff für eine Vielzahl von Erkrankungen des peripheren Nervensystems, also der Nervenleitbahnen außerhalb von Gehirn und Rückenmark. Die häufigsten Erscheinungsformen von Polyneuropathie treten im Bereich der Extremitäten auf, beginnend an Händen oder Füßen. Es kommt durch eine Störung der Nerven zu Ausfällen des motorischen oder sensiblen Nervensystems, seltener auch zu Dysfunktionen des vegetativen Systems.
Ursachen von Polyneuropathie
 
Die Ursachen der Erkrankung können vielfältig sein, für eine erfolgreiche Fußpflege von Polyneuropathie-Patienten sind jedoch vor allem die Krankheitsbilder Diabetes mellitus, Typ 1 oder 2, Alkoholmissbrauch oder das paraneoplastische Syndrom im Verlauf von Krebskrankheiten wichtig, denn die Kenntnis der jeweiligen Ursache ist ein wichtiger Aspekt bei der Auswahl der geeigneten Pflege und Unterstützung.

Symptome im Fußbereich – das „Sockengefühl“

Die Füße sind häufig zuerst von der Krankheit betroffen, da die Nervenleitbahnen vom kleinen Zeh bis zum Rückenmark den weitesten Weg zurückzulegen haben, es ist daher sehr selten, dass sich Polyneuropathie zuerst an Schultern oder Hüften bemerkbar macht.

An den Füßen kann das „Sockengefühl“ entstehen, welches seinen Namen durch seine klare Abgrenzung erhalten hat – es sind nur die Körperregionen betroffen, die theoretisch mit einer Socke bedeckt werden. Zunächst kann es kribbeln, die Füße können sich kalt oder heiß oder taub anfühlen, und manch ein Patient denkt dabei zunächst an eine Durchblutungsstörung oder glaubt, er trüge zu enge Socken. Doch das Missempfinden hört nicht auf, Wassertemperaturen werden nicht mehr unterschieden, zu enge Schuhe nicht mehr als unangenehm empfunden. Manche Patienten, insbesondere diejenigen, die mit Alkoholabusus zu kämpfen haben, erhalten im Gehirn keine korrekte Information mehr über die Gelenkstellung der Füße, so dass sie unsicher gehen und mit geschlossenen Augen oft nicht das Gleichgewicht halten können.

Warum ist die Fußpflege bei Polyneuropathie so wichtig?

Der fehlende Schmerzreiz ist das Problem: Schmerzen sind das wichtigste Alarmsignal des Körpers! Schmerzen machen auf ein Problem aufmerksam – und wenn das Bewusstsein für ein Problem nicht geweckt wird, kann das Problem sehr viel größer werden.

Die Füße sind durch ihre exponierte Lage natürlich anfälliger für Verletzungen und sie sind täglich großen Belastungen ausgesetzt. Kleine Schnitte oder Risse im Nagelbett werden von gesunden Personen bemerkt, beobachtet und bei Bedarf behandelt. Im Regelfall wird durch die eigene Fußpflege Infektionen vorgebeugt, da Bakterien nicht eindringen können und Verschmutzungen beseitigt werden.

Die Podologin Christina Grube ist Mitglied im ZFD und in der DDG (Deutsche Diabetes Gesellschaft), 3TO-, sowie VHO-Therapeutin, Reflexzonentherapeutin und Ausbilderin.

Christina Grube machte in einem Interview am 28.04.2019 besonders auf die Situation von Diabetes mellitus Patienten aufmerksam:

„Durch die ebenfalls als Folgeerkrankung festgestellte Retinopathie (Augenhintergrunderkrankung) können diese Patienten die Pflege ihrer Füße nicht mehr sicher selbst durchführen, sie würden weder exakt sehen was behandelt werden muss, noch könnten sie spüren, wenn sie sich selbst verletzen würden, oder eben den Bedarfsfall erkennen.“

Die Folgeschäden durch mangelhafte Fußpflege sind vielfältig, gerade bei Diabetes mellitus Patienten können die fortschreitenden Empfindungsstörungen in den Füßen für eine schlechtere Durchblutung sorgen – bzw. wird die schlechtere Durchblutung durch die Empfindungslosigkeit nicht bemerkt, wodurch schlimmstenfalls Nekrosen entstehen, die die Amputation von Zehengliedern zur Folge haben.

„Bei langjährigen Diabetes mellitus Patienten kommt es häufig zu schwerwiegenden Folgeschäden, dazu gehört neben der verschlechterten Durchblutung eben auch die Schädigung der Nerven, die sogenannte periphere Polyneuropathie (mehrfache Nervenerkrankung). Die Patienten verspüren durch die Schädigung der Nervenleitung weniger, oder gar keine Schmerzen.“ so Christina Grube.

Was geschieht bei der Fußpflege?

Zuvorderst dient die richtige Fußpflege zur Gesunderhaltung des Fußes. Ein professioneller Podologe sieht seinen Patienten etwa alle 4-6 Wochen, und damit oft häufiger als der behandelnde Hausarzt oder Onkologe, je nach Krankheitsbild.

Um die Gesunderhaltung des Fußes zu gewährleisten, gehören laut Christina Grube folgende Behandlungsschritte dazu:

„Palpation (abtasten) des Fußes, die Sichtkontrolle des Fußrückens, der Fußsohle, der Zwischenzehenbereiche (interdigital), der Ferse und der Nagelplatten. Es ist auf Risse in der Haut zu achten, diese können das Eindringen von Keimen begünstigen, was wiederum zu Entzündungen und /Erysipelen (bakterielle Infektion) führen kann.“

Erst danach werden die Nägel gekürzt, um ein Einwachsen zu verhindern, die Hornhaut abgetragen, um Druckstellen durch Schwielen zu vermeiden, und die Füße abschließend mit einer adäquaten Pflegecreme versorgt.

Ein Podologe wird Veränderungen in der Fußgesundheit beim Patienten früh erkennen und ggf. dem Patienten einen Arztbesuch empfehlen.

Möglichkeiten für die Fußpflege daheim

Folgende Möglichkeiten haben Patienten für die Pflege Ihrer Füße/Beine daheim:

  • Tägliche Versorgung mit der entsprechenden Hautpflege
  • Reinigen der Zehenzwischenräume
  • Tragen von orthopädischen Schutzschuhen und angepassten Einlagen
Anwendung der Hochtontherapie
 
Neben der regelmäßigen Fußpflege rät Christina Grube zu einer Hochtontherapie:
 
„Die Verbesserung der Durchblutungssituation mit der regelmäßigen Behandlung mit der Hochtontherapie führt bei einigen der Patienten zu einer spürbaren Veränderung der Leitfähigkeit der Nerven.“ Die Hochtontherapie kann von Patienten mit den passenden Gerätschaften auch zuhause selbstständig durchgeführt werden.“
 
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