Gangstörungen und Gangunsicherheit

Symptome, Ursachen und Therapie

Grundsätzlich bezeichnet die Gangstörung eine krankhafte Veränderung des Gangmusters oder der Ganggeschwindigkeit der Betroffenen. Die Symptome können verschiedenartige Erscheinungsformen annehmen und vielseitige Ursachen haben. Zugrunde liegende Erkrankungen können beispielsweise orthopädischer, neurologischer oder psychogener Natur sein. Therapieformen und Prognose hängen stets von der Ursache ab und reichen von medikamentöser Behandlung bis zu operativen Eingriffen.

Definitorische Ansätze und Überblick zu Gangstörungen

Gemeinsam ist den verschiedenen Formen der Gangstörung, dass Ganggeschwindigkeit oder Gangmuster krankhafte Veränderungen aufweisen. Die Erscheinungsformen reichen von einfachem Humpeln bis zu schwerwiegenden Gehbehinderungen. Bei der genaueren Definition gilt es zwischen neurologischen Ursachen, orthopädischen Ursachen und internistischen Ursachen zu unterscheiden. Weiterhin sind psychogene Ursachen denkbar.

Grundsätzlich sind Gangstörungen ernst zu nehmen, da mit ihnen ein Verlust der Mobilität mit großen Auswirkungen auf Lebensqualität und Unabhängigkeit einhergeht. Bei der Untersuchung versucht der Arzt, die Ursachen des Problems herauszufinden. Hierbei sind insbesondere Fragen nach weiteren Beschwerden oder Störungen wichtig, da Gangstörungen und -unsicherheiten oft Begleiterscheinungen anderer Erkrankungen sein können.

 

Ursachen und Einteilung der Gangstörung

Mediziner klassifizieren das vielfältige Phänomen der Gangstörung im Hinblick auf die Ursachen in verschiedene Bereiche. Ein bewährtes Einteilungsmodell unterscheidet in orthopädische, neurologische und psychogene Ursachen der Gangunsicherheit. Hierbei gilt es grundsätzlich zu berücksichtigen, dass mehrere Ursachen in Frage kommen und sich die Einteilungsbereiche überlappen können. Bereits existierende Gangstörungen können durch neue Gangstörungen überlagert werden.

Die Gruppe der neurologischen Gangstörungen findet ihre Ursachen in Schädigungen des Nervensystems. Diese können sehr vielfältig sein und beinhalten unter anderem Lähmungen des peripheren Nervensystems, Hirntumore und Schlaganfälle. Auch Hirnblutungen oder Verletzungen des Rückenmarks können neurologische Ursachen sein. Neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Morbus Parkinson sind ebenso mit Gangstörungen verbunden. Ebenso können Alkohol- und sonstiger Drogenmissbrauch zu neurologischen Schäden mit Gangstörungen führen.

Ebenso vielfältig ist die Klasse der orthopädischen Gangstörungen. Diese basieren auf krankhaften Veränderungen der Knochen und Gelenke. Auch Veränderungen der Muskeln, Sehnen und Bänder gehören zu dieser Gruppe. Die Veränderungen können beispielsweise entzündlich, degenerativ oder traumatisch sein. Zu den häufigsten Erkrankungen orthopädischer Art gehören in diesem Zusammenhang Arthrosen, rheumatische Erkrankungen und Arthritiden. Auch operativ durchgeführte Arthrodesen führen zu Gangunsicherheiten. Insbesondere bei betroffenen Beinen oder bei betroffener Wirbelsäule kommt es zu Veränderungen des Gangbildes.

Auch sind Anomalien (Veränderungen) der Blutgefäße häufig Ursache für Gangunsicherheiten. Durchblutungsstörungen oder Blutungen in den Beinen kommen beispielsweise im Zusammenhang mit der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) vor.

Psychogene Ursachen für Gangstörungen liegen oftmals in mangelhaft verarbeiteten Ereignissen der Lebensgeschichte. Ebenso können Gangunsicherheiten psychosomatisch in gegenwärtigen Lebenskonflikten wurzeln. Psychogene Gangstörungen können ebenfalls das Resultat eines sekundären Krankheitsgewinns sein.

Klinische Symptome von Gangunsicherheiten

Mit den verschiedenartigen Ursachen sind ebenso vielseitige Symptome und Erscheinungsbilder verbunden. Zu den häufigsten Gangstörungen gehören das Humpeln und das Hinken. Auch ein Nachziehen eines Beins oder ein schlurfender Gang sind weit verbreitet. Allgemeine Unsicherheiten beim Gang sind oft mit einer Fallneigung verbunden. Ebenso kann es vorkommen, dass Betroffene eine Neigung zum Kippen in eine bestimmte Richtung während des Gehens haben. Manche Patienten zeigen eine mangelnde Kniebeugung beim Gehen. In diesem Falle ziehen sie das betreffende Bein in einer Art halbkreisförmigen Bewegung nach vorne.

Verbunden mit Gangstörungen sind oftmals Auswirkungen auf die gesamte Körperhaltung. Betroffene nehmen aufgrund der Beschwerden und Schmerzen eine Schonhaltung ein. Diese kann weitere, krankhafte Veränderungen anderer Bereiche des Skeletts nach sich ziehen. Häufig sind dauerhafte Gangstörungen bald auch mit Fehlstellungen der Wirbelsäule verbunden.

Es existiert weiterhin eine Reihe von speziellen Gangstörungen, die eigene Charakteristika aufweisen. Im Hinblick auf ihr Erscheinungsbild tragen sie eigenständige Namen. Dazu gehören etwa der so genannte Scherengang und der Steppergang. Bei Problemen mit den Hüftabduktoren kann es zum Trendelenburg-Gang beziehungsweise Duchenne-Hinken kommen.

Diagnose

Ein wichtiger Teil der Diagnose betrifft die Antworten von Fragen zu vorherigen oder aktuellen Erkrankungen sowie zum Lebenswandel. Durch kleinere Untersuchungen erkennt der Arzt, welchen Bereichen die Ursache zuzuordnen ist (beispielsweise neurologisch oder orthopädisch).

Mit Fragen klärt der Arzt zum Beispiel ab, ob eine Lähmung vorliegt oder Patienten zu Schwindel oder Taubheitsgefühlen in den Gliedmaßen neigen. Ebenso ist die Frage wichtig, seit wann die Beschwerden bestehen. Auch Fragen zu Art und Umfang des möglichen Medikamentenkonsums sind gängig. Der Arzt klärt weiterhin ab, ob der Patient Alkohol trinkt oder andere Drogen konsumiert.

Nach der orthopädischen Untersuchung erfolgt eine umfassende neurologische Untersuchung. Neurologen überprüfen dabei in erster Linie Motorik, Reflexe und Gefühlsempfindungen. Mittels Koordinationsprüfungen identifiziert der Neurologe eventuelle Störungen des Gleichgewichts. Steh- und Gangprüfungen lassen sich je nach vermuteter Ursache um weitere Tests ergänzen.

Dazu gehören beispielsweise Hörtests und Blutuntersuchungen. Auch Elektroneurographie (ENG) und Elektromyographie (EMG) gehören dazu. Tomographische Untersuchungen wie CT oder Kernspintomographie (MRT) runden die Untersuchungen ab. Einige der Untersuchungen obliegen anderen Fachärzten, beispielsweise einem Internisten oder einem Orthopäden.

Therapie und Behandlungsmöglichkeiten bei Gangstörungen

Auch die Therapie ist von der jeweils vorliegenden Ursache abhängig. Liegt der Gangstörung eine neurologische Erkrankung zugrunde, ist die Therapie nur symptomatisch möglich. Einige Nervenerkrankungen mit typischen Gangunsicherheiten sind nicht ursächlich heilbar, sodass die Symptome lediglich eingedämmt werden können. Dazu gehören Morbus Parkinson, verschiedene Polyneuropathien und Multiple Sklerose. Zur Symptomlinderung tragen Physiotherapie und physikalische Behandlungen bei.

Sind Durchblutungsstörungen die Ursache, reichen therapeutische Maßnahmen von Medikamentengabe bis hin zu Operationen. Liegen Medikamente als Ursache beziehungsweise Auslöser für Gangstörungen vor, so kann der Arzt die Dosierung verändern oder andere Wirkstoffe verschreiben.

Handelt es sich um orthopädische Ursachen für die Gangstörungen, so ist auch hier die Therapie von der konkreten Erkrankung ab. Knochenprobleme sind beispielsweise anders zu therapieren als Erkrankungen der Muskeln oder der Gelenke. Die Vielfalt der Behandlungsmöglichkeiten bei orthopädischen Ursachen reicht von Physiotherapie über eine Ruhigstellung der betroffenen Körperteile bis hin zu operativen Eingriffen.

Bildquelle ©beeboys – stock.adobe.com